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Die orthodoxe Taufe - Wann, wie, mit wem und warum?

Die Taufe ist aus dem orthodoxen Leben genauso wenig wegzudenken wie Geburten notwendig sind für die menschliche Existenz als solche. Die Frage der glücklichen Eltern lautet also nicht, ob man sein Kind tauft, sondern wann und wie. Doch vor allen Dingen ist es wichtig, rechtzeitig zu klären, wer der Taufpate (griechisch: Nonos) bzw. Taufpatin (Nona) sein darf und soll. Vorab sind einige Personen prädestiniert zum Paten, und das sind auf Kreta immer noch die engsten Freunde der glücklichen Eltern. In Athen sucht man sich die Paten bereits innerhalb der eigenen Familie - meist ist es ein Lieblings-Cousin oder Cousine, doch auf Kreta bringt man dafür nur wenig Verständnis auf und findet ein solches Tun, milde ausgedrückt, unklug.
Angesichts der Tatsache, dass der Taufpate der zweite Vater (bzw. die zweite Mutter) für den Täufling ist, vereinen sich auf diese Weise zwei Familien aufs tiefste und erweitern ihren eigenen Clan samt dem dazugehörigen Einflussbereich mit einem Schlag um ein Vielfaches. So ist es zu erklären, dass auf Kreta jeder jeden kennt und bei Bedarf von allen Seiten Unterstützung erhält. Was zählt ist die Zugehörigkeit zur Familie, die sich riesengroß ausmacht, da alle getauften Personen aller beteiligten Familien zu einer großen Familie zählen - und das wird wortwörtlich genommen. So können zwei junge Erwachsene später nicht heiraten, wenn sie denselben Taufpaten haben, da sie vor dem orthodoxen Kirchengesetz als Geschwisterpaar gelten.
Betrachtet man es von einer anderen Perspektive, ist die Praxis der Taufe eine durchaus Frieden spendende Maßnahme, denn es reduziert Nachbarschaftskonflikte (um Ländereien und andere Streitigkeiten) um ein Vielfaches, da man sich nicht mit der eigenen Familie (die früher wie heute Schutz und Zugehörigkeitsgefühl bietet) anlegt. Hier beginnt die Taufe eben politisch zu werden.
Noch ein weiterer Schritt ist denkbar: Durch geschickte Auswahl des Taufpaten kann einem selber Tür und Tor geöffnet werden (beruflich, Geschäftsbeziehungen), denn Aufträge wie Malerarbeiten uvm. werden auf Kreta nach Möglichkeit innerhalb der Familie vergeben - mit allen Konsequenzen! So kommt es, dass Maler-Cousin Jianni mit schöner Regelmäßigkeit und mit billiger Farbe die Fassade des Hauses seines Onkels ruiniert (und dabei alles Umliegende mi bekleckert) anstelle dass ein Maler, der umsichtig und gut arbeitet, den Auftrag erhielte. Die Preisfrage spielt hier übrigens keinerlei Rolle. Ist man in der glücklichen Lage und nennt betuchte und einflussreiche Freunde sein eigen, dann wäre sogar Hilfe bei der Beseitigung von lästigen Auflagen jeder Art (z.B. Erteilung von Gastronomie-Konzessionen, respektive bei der nicht-Verfolgung von fehlenden Genehmigungen) vorstellbar, so man den Paten fürs Neugeborene wohl gewählt hat . Spekulativ? Man schaue sich mal die Paten und die Gästelisten von Tauffeiern an… Mit jedem Kind (bzw. jeder Taufe) stärkt sich also die Familie innerhalb der Gemeinde. Ja, die Kreter sind so kinderlieb!

Wann wird ein Mensch getauft?
Böse Zungen behaupten, es werde dann getauft, wenn der richtige Pate gefunden ist. Es steht jedem frei, den richtigen Zeitpunkt zu bestimmen. Der steht wiederum oft in Zusammenhang mit den gegenwärtigen finanziellen Möglichkeiten der Eltern, denn man will sich ja nicht lumpen lassen, hat man erstmal den Paten oder Patin gefunden. In der Regel werden die Kinder zwischen dem ersten und vierten Lebensjahr getauft. Bis dahin haben sie keinen Namen. Babys werden schlicht  mit Bebe (für Baby) angesprochen.

Woher stammt der Vorname?
Erst bei der Taufe erhält der Täufling seinen „richtigen“ Namen. Meist entscheiden sich die Eltern für die traditionelle Namensgebung, und die hat ihre Regeln. So bekommt das Erstgeborene, nehmen wir mal an es ist ein Junge, den Namen vom Opa väterlicherseits. Das nächste Kind, denken wir uns ein Mädchen, bekommt den Namen seiner Großmutter väterlicherseits, und die nächsten Geschwister halten sich an die Namen der Großeltern mütterlicherseits. Auf diese Weise wird Streitigkeiten unter den Schwiegereltern erfolgreich aus dem Weg gegangen, verpflichtend ist die Einhaltung dieser Regel jedoch nicht. Und so ist jeder stolz, wenn gerade er er als Namensgeber auserkoren wurde. Ist dieser innerfamiliäre Namenspool erschöpft, tauchen erstmals neue Vornamen in der Familie auf.
Anmerkung: Jetzt verstehen wir auch, dass in bestimmten Ecken auf Kreta alle Georgo und Jianni heißen, oder Maria und Eleni. Daher wird bei Vertragsabschlüssen jeder Art (und sei es nur fürs Telefon) neben dem eigenen Vornamen immer auch der Name des Vaters und der Mutter eingetragen.

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